Forschungsinteresse
Abteilung Zellmigration - Prof. Dr. Walter Witke
Abteilungsleiter und Institutsdirektor
Prof. Dr. Walter Witke
Curriculum
- Studium und Diplomarbeit: Eberhard-Karls Universität, Tübingen (Biochemie)
- Studium und Promotion: Ludwig-Maximilians Universität, München (Biochemie)
- Forschungsaufenthalt/Postdoc: Harvard Medical School, Boston, USA
- Forschungsgruppenleiter: EMBL Mausbiologie Programm, Rom-Monterotondo, Italien
- seit 2009 - Direktor, Institut für Genetik, Rhein.-Friedrich Wilhelms Universität, Bonn
Forschungsinteresse
- Zellbewegung in der Mausentwicklung, der Physiologie und bei Erkrankungen
- Wanderung von Neuronen und Rolle von Aktin bei ‘synaptischer Plastizität’
- Bedeutung von Aktin bei der Kontrolle der Zellpolarität und Stammzellteilung
- Das Zytoskelett als Schaltstelle bei der Regulation der lokalen Immunantwort
- regulatorische ‘aktinbindende Proteine’ (Cofilin, ADF, Profilin, WAVE-Komplex)
Experimenteller Ansatz
- konditionale Mutagenese in der Maus
- gezielte Veränderung von Zellbewegung in transgenen Mäusen
- Studium der Zellbewegung in Organen und isolierten Zellen
- primäre Zellkultur, molekulargenetische und zellbiologische Methoden
Zusammenfassung der Forschungsprojekte
Die zentrale Fragestellung unserer Abteilung beschäftigt sich mit der Bedeutung des Aktinzytoskeletts und der Zellbwegung bei der Entwicklung und der Physiologie von Maus und Mensch.
Hierzu bedienen wir uns der Maus als Modelsystem in dem wir bestimmte Eigenschaften von Zellbewegung durch genetische Veränderungen beeinflussen können. In einem fachübergreifenden Ansatz verwenden wir genetische, zellbiologische und biochemische Methoden, um die Bedeutung des Zytoskeletts bei Zellwanderung, der Organentwicklung und Organfunktion zu untersuchen. Es ist allgemein akzeptiert, dass die Dynamik des Zytoskeletts essentiell ist für physiologische Prozesse wie z.B. die lokale Immunantwort, die neuronale Signalübertragung, oder die Metastasenbildung. Allerdings wissen wir über die Mechanismen, welche Zytoskelettdynamik mit Physiologie verbinden noch sehr wenig.
Unsere Arbeit konzentriert sich deshalb auf unterschiedliche Familien essentieller regulatorischer Proteine und Protein-Komplexen, welche das Aktinzytoskelett und Zellbewegung kontrollieren. Zu dieser Gruppe gehören die aktinbindenden Proteine der Profilin und Cofilin Familie, für die in Mensch und Maus eine Zahl von Genen gefunden werden. Profilin hat die Eigenschaft die Bildung und Verlängerung von Aktinfilamenten zu stimulieren, während Cofilin bereits existierende Filamente abbauen und depolymerisieren kann. Eine dritte Gruppe von sogenannten ‘Aktin Nukleatoren’ stellen Signalkomplexe dar, die den Umbau des Aktinzytoskeletts kontrollieren. Ein Beispiel ist der WAVE-Komplex, ein Pentamer verschiedener Untereinheiten, der sich als eine zentrale Steuereinheit des Aktinzytoskeletts erwiesen hat. Unsere Gruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bedeutung des WAVE-Komplexes im Gehirn bei der synaptischen Reizleitung und der synaptischen Plastizität zu untersuchen.
Unsere Gruppe konnte zeigen, dass Cofilin bei der Entscheidung von Stammzellen zu differenzieren, oder weitere Stammzellen zu bilden , eine zentrale Rolle spielt. Ein weiterer Prozess der von Cofilin kontrolliert wird ist der Übergang von epithelialen zu mesenchymalen Zellen (EMT), ein Vorgang, der bei der Entwicklung von Organen, aber auch bei der Bildung von Metastasen eine wichtige Rolle spielt. In Immunzellen ist Cofilin essentiell für die gerichtete Bewegung (Chemotaxis), allerdings hat Cofilin auch einen ‘pathologische’ Funktion indem die Aufnahme des HIV-Virus in T-Zellen erleichtert wird.
Im Muskel ist eine strenge Organisation von Aktin wichtig und Defekte können zu bestimmten Muskelschwächen den Myopathien führen. Im Menschenkonnte gezeigt werden, dass die ‘Nemaline Myopathy‘ durch eine Mutation im muskelspezifischen Cofilin Gen hervorgerufen werden kann und unsere Gruppe hat ein Mausmodel hergestellt, welches uns als Krankheitsmodel dient um die Mechanismen der Erkrankung besser studieren zu können. Nur ein tieferes Verständnis der molekularen Ursachen der Krankheit kann uns helfen Ansätze zur Milderung zu entwickeln.
Im Gehirn ist die Wanderung von Neuronen essentiell für die Entwicklung bestimmter Hirn Regionen wie z.B. des Kortex. Unsere Gruppe konnte zeigen, dass in der Maus Mutation im Cofilin zu einer schweren Entwicklungsstörung führt, die beim Menschen als Lissenzephalie bekannt ist.
Später im erwachsenen Individuum spielt das Aktinzytoskelett und die Regulatoren Profilin und Cofilin eine bedeutende Rolle für komplexe Verhaltensmuster, Gedächnis und für Lernen. Ein interessanter Befund ist, dass Cofilin speziell für assoziatives Lernen, aber nicht für ‘beiläufiges’ Lernen essentiell ist. Einfach ausgedrückt können wir ohne Cofilin zwar Autofahren, aber wir werden nie lernen, dass die vielen ausgesprochenen Verwarnungen und Strafen auf zu schnelles fahren zurückzuführen sind.
Mutationen im Profilin dagegen führt zu Veränderungen im Zytoskelett der Synapse, welche die Ausschüttung von Neurotransmitter beeinträchtigen.
Mausmutanten sind verhaltensauffällig und zeigen Symptome die dem autistischen Syndrom beim Menschen ähneln.
Die momentanen Schwerpunkte unserer Forschung liegen bei den Mechanismen und der Physiologie von Zytoskelettdynamik in der Synapse, bei der Polarität der Stammzellteilung, bei der lokalen Immunantwort, der Kontrolle vom EMT und bei der Integrität der Skelettmuskel. Konditionale Mutagenese in der Maus, biochemische Untersuchungen und die Etablierung primärer Kulturen von Zellen und Geweben sind unsere wichtigsten Hilfsmittel die faszinierende Vielfalt von Zellbewegung bei der Funktion unseres Körpers zu verstehen.
Die laufenden Projekte werden unterstützt durch Fördermittel der DFG und die Teilnahme am Sonderforschungsbereich 704 (Molecular mechanisms and chemical modulation of local immune regulation) und des Schwerpunktprogrammes SPP 1464 (Principles and evolution of actin-nucleator complexes).